p>

Archiv

Die „Höherstufung“ von § 7 auf § 4 des BVFG ist nur auf die nach 2013 eingereisten Personen anwendbar

Häufig werden die Anträge auf die „Höherstufung“ gestellt. Die Antragsteller berufen sich dabei auf die Änderung des Bundesvertriebenengesetzes im September 2013 mit den einhergehenden Lockerungen für die Erteilung des Aufnahmebescheides für Spätaussiedler. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch im Urteil vom 16. Juli 2015 (AZ 1 C 29.14) entschieden, dass die neue Rechtslage nur für diejenigen gilt, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach Deutschland, also nach dem 13.09.2013, eingereist sind bzw. einreisen. Damit ist solchen Anträgen auf „Höherstufung“ die Grundlage entzogen.

Das 10. Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenengesetz im September 2013 sieht zahlreiche Lockerungen für die Anerkennung als Spätaussiedler vor. Personen, die auch schon vor vielen Jahren seit 1993 nach Deutschland gekommen waren, meinen, dass auch auf sie nachträglich diese Gesetzesänderung Anwendung finden müsse. Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern haben daher beim Bundesverwaltungsamt beantragt, sie nachträglich ebenfalls als Spätaussiedler anzuerkennen. Das Ziel dieser Anträge ist meist die Anrechnung von Arbeitszeiten in der deutschen Rentenversicherung, die im Herkunftsgebiet zurückgelegt wurden. Diese Zeit wird nur den Spätaussiedlern, nicht aber ihren Familienmitgliedern gewährt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass sich die Rechtsstellung der Spätaussiedler immer nach dem Recht im Zeitpunkt der Übersiedlung richtet. Das neue Recht findet Anwendung daher nur auf die neuen Fälle, also auf Einreisen nach dem 13.09.2013. Das Bundesverwaltungsamt wird diese Anträge insgesamt ablehnen.

Kindergeld im EU-Ausland: Kindergeld-Anspruch wandert automatisch mit

Dem geschiedenen Elternteil, das in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, steht der Anspruch auf Kindergeld zu

Zum Sachverhalt

Ein in Deutschland wohnender deutscher Staatsangehöriger beantragte Kindergeld für seinen Sohn. Der Sohn lebte in Polen im Haushalt seiner Mutter, der geschiedenen polnischen Ehefrau des Klägers. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Anspruch auf Kindergeld stehe nicht dem Kläger zu. Kindergeldberechtigt sei die geschiedene Ehefrau. Dem stehe nicht entgegen, dass sie in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt habe. Vor dem Finanzgericht hatte der Kläger Erfolg. Demgegenüber hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab (Urteil vom 4. Februar 2016, – III R 17/13-).

Die Entscheidung

Nach unionsrechtlicher Regelung zur sozialen Sicherheit ist die gesamte Familie so zu behandeln, als würde sie in dem Mitgliedstaat wohnen, dessen Familienleistungen beansprucht werden (Wohnsitzfiktion). Im vorliegenden Fall ist die geschiedene Ehefrau nach deutschem Recht Familienangehörige. Somit gilt sie als mit dem Kind in Deutschland lebend und ihr steht der Anspruch auf Kindergeld zu. Denn nach deutschem Recht wird das Kindergeld bei getrennt lebenden Eltern vorrangig an den Elternteil ausgezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Die Entscheidung des BFH ist von Bedeutung für Fälle, in denen die Eltern eines Kindes in unterschiedlichen EU-Staaten leben und in keinem EU-Staat ein gemeinsamer Haushalt der Eltern und des Kindes besteht. In Bezug auf den Sohn, für den das Kindergeld beansprucht wurde, hat die Familienkasse nunmehr über den Kindergeldanspruch der geschiedenen Ehefrau zu entscheiden.

Freizügigkeitsrecht für Unionsbürger

Kein Freizügigkeitsrecht für Unionsbürger, wenn eine Erwerbstätigkeit nur kurzfristig und allein zur Abwendung Aufenthaltsbeendigung ausgeübt wird

Zum Sachverhalt:

Die Antragstellerin, eine rumänische Staatsangehörige, hielt sich seit März 2014 in Duisburg auf. Durch Vorlage eines gefälschten Arbeitsvertrages versuchte sie ein Freizügigkeitsrecht geltend zu machen. Die Stadt Duisburg drohte ihr daraufhin mit Bescheid vom 12.5.2015 die Abschiebung in ihr Heimatland an. Die Antragstellerin ging sogleich ein Arbeitsverhältnis ein, das sie nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung wieder beendete. Als sie zu einer erneuten Abschiebungsandrohung angehört wurde, legte sie sodann einen unbefristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Spendensammlerin ab dem 1.7.2016 vor. Auch diese Tätigkeit war von kurzer Dauer. Im August 2016 wurde eine erneute Abschiebungsandrohung erlassen, die das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes bestätigte.

Die Entscheidung:

Gegen die Entscheidung des Düsseldorfer Gerichts richtete die Antragstellerein die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, mit der sie einen neuen Arbeitsvertrag vorlegte. Das Gericht wies die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die Antragstellerin ein Freizügigkeitsrecht nicht aus dem erneuten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber herleiten könne (Beschluss vom 28.03.2017, – 18 B 274/17). Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH sei eine missbräuchliche Berufung auf Normen des Unionsrechts nicht gestattet. Ein derartiger Missbrauch sei hier anzunehmen. Das Verhalten der Antragstellerin könne nur so verstanden werden, dass sie eine Erwerbstätigkeit nur kurzfristig und allein zur Abwendung Aufenthaltsbeendigung ausüben wolle. Dies entspreche nicht den Zielen des Freizügigkeitsrechts.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.